Maria Schmelzer: Neues Leben mit der Kunst

Maria Schmelzer hat durch eine schwere Krankheit zur Kunst gefunden.
Die Wickratherin gewinnt dem Holzschnitt immer neue Facetten ab.

Mönchengladbach. Vom Atelier zur Küche ist es nur ein Schritt, und dennoch ist Kunst für Maria Schmelzer nicht nur ein Hobby zwischen hausfräulichen Aufgaben. "Die Kunst ist für mich Lebensinhalt geworden", bekennt die 52-jährige Wickratherin freimütig. Ihr Heim ist ein kreatives Haus im Gewerbegebiet Wickrath, zur Straßenseite zeigt der Bungalow in seiner Glasfassade Posaunen und andere Blechblasinstrumente, die der Hausherr in bester kunsthandwerklicher Tradition fabriziert.

Hinten heraus ist die Terrasse zum Wintergarten ausgebaut, hell fällt diffuses Licht durch Kuppeln, frei schweift der Blick auf den kleinen Garten, in dem zwei weiße Kaninchen hoppeln. Hier steht der Werktisch Maria Schmelzers, der überaus agilen, aufgeschlossenen Frau im Wollpulli, die ihrem Gesicht mit auffällig zweifarbiger Brille einen peppigen Akzent gibt.

"Jeden Morgen um halb acht stehe ich an dieser Stelle und beginne mit dem Schneiden", erzählt die Frau, deren Leben vor vier Jahren eine dramatische, letztlich glückliche, befriedigende Wendung nahm, über ihren Alltag. 2001 rissen zwei Herz-Operationen die damals in einer an Hephata angeschlossenen Sonderschule arbeitende Erzieherin aus der Erwerbsarbeit.

"Beruf, alles futsch", erinnert sie sich und berichtet von der Freundin, die sie in die Malgruppe mitnahm, von einem Holzschnitt-Kurs im Bis-Zentrum. "Auf einmal brach es aus mir heraus", erinnert sich Schmelzer an die Entdeckung ihrer Kreativität, an die zunächst selbsttherapierende Funktion ihres Schaffens. "Kunst ist für mich zum Lebensinhalt geworden", sagt sie heute und berichtet von Erlebnissen mit Gleichgesinnten, Künstlern, Galeristen, ihrem künstlerischen Mentor und ihren Erfolgen: Noch immer ist im Wickrather Schlosspark die Arbeit zu sehen, die sie zur Euroga 2002 geschaffen hat, sie hat bei Noack und in der Galerie Unikat ausgestellt, wurde mit ihren Arbeiten nach Kreta eingeladen.

"Ich bin ein Typ, ich muss rackern", sagt sie, als sie vor ihrer Werkbank mit Schneidewerkzeug die ihr vertrauteste Technik, den Holzschnitt, demonstriert, indem sie aus der farbgetränkten Sperrholzplatte weitere Segmente entfernt, später hier ein Gelb aufträgt und auf Papier überträgt, das sie mit handtellergroßen polierten Marmorsteinen auf den Druckstock presst.

"Eine Presse für meine großen Formate kann ich mir nicht leisten", sagt sie. Denn den Ehrgeiz hat sie: Mit dem Geld, das sie durch den Verkauf ihrer Bilder erwirtschaftet, will sie ihre Materialien, die laufenden Kosten und zum Beispiel die Kreta-Reise finanzieren. "Ich sehe das als Ersatzberuf. Ich brauche das, sonst würde ich veröden. Vielleicht habe ich das als Kind gelernt unter acht Geschwistern: immer wieder nach oben kommen."

So steht oder sitzt Schmelzer täglich an die acht Stunden im Atelier. "Um halb sechs steh` ich auf, versorge meine Tiere, zwei Kaninchen, zwei Hunde, eine Katze, mache den Haushalt." Danach ins Atelier, gegen 12 Uhr Kochen und Mittagessen, wieder bis gegen 17 Uhr Atelier. "Ich kann alles schneiden, was aus dem Herzen kommt", beschreibt sie die Liebe zu ihrem Tun, das sich gegenständliche Objekte in ihrer Umgebung sucht, diese über Skizzen auf den Holzstock überträgt.

"Ich habe in den vier Jahren unheimlich viel gelernt, aber ich weiß, ich muss noch lernen, lernen, lernen", sagt sie. Sie wagt Experimente, druckt auf Leinwand, zum Teil in extremen Formaten. Sie hat den Werkstoff Glas entdeckt, überträgt darauf Motive ihrer Holzschnitte. Zuletzt hat sie den "Glasholzschnitt" erfunden, bei dem eine Scheibe im Brennofen über das Negativ des Druckstocks verläuft und die Kontur etwa eines Gesichts in sich aufnimmt.

Ich bin stolz auf das, was ich mache", sagt Maria Schmelzer selbstbewusst. Viele positive Rückmeldungen geben ihr Recht und auch die Tatsache, dass sie fast sämtliche ihrer Arbeiten verkauft hat. "Was ich nicht gern mache, sind Landschaften. Und politisch will ich auch nicht sein, wenn auch meine schreienden, von Schmerz verzerrten Gesichter von Kriegen und dem Elend unserer Tage stammen könnten", bekennt sie und blickt auf einen farbenfrohen Frauenkopf an der Wand: "Der Frühling des Lebens".

 

 

Artikel aus der WZ-Mönchengladbach  vom 12.03.05 von Armin Kaumanns

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